Oremus pro Pontifice nostro Franzisco.

Dominus conservet eum et vivificet eum

et beatum faciat eum in terra et

non tradat eum in animam inimicorum eius.

Mittwoch, 30. April 2014

Güte – Vergleich dreier Päpste

Der nun heiliggesprochene Papst Johannes XXXIII war berühmt für seine Güte. Güte im Sinne von gütig sein, die Menschen anzunehmen und jedem einzelnen etwas von der Liebe Christi sichtbar zu machen.  Aus seinem geistlichen Tagebuch strahlt dieser innerste Kern seines Seins hervor. Das Ringen, andern keinen Anstoß zu geben, der Verzicht, eigene Rechte und Interessen durchzusetzen, das ständige Bemühen – mit all seinen kleinen Schiffbrüchen – in dieser hingebenden Liebe und Güte zu wachsen. Gott hat all diesem Ringen ganz offensichtlich seine Gnade dazugegeben, so dass diese Güte auch wirklich aus ihm herausstrahlen konnte.
Nein, wer die Aufzeichnungen dieser reinen Seele liest, braucht kein Wunder mehr, um die Heiligkeit erkennen zu können, die hier aufstrahlt.

Güte ist auch ein herausragendes Zeichen bei Papst Benedikt XVI. Seine Güte hatte nicht die Qualität der schlichten Einfachheit wie bei Johannes XXIII sondern stets die Qualität einer bewussten Entscheidung, auch dem ärgsten Gegner mit Respekt zu begegnen .  Die Güte eines Johannes XXIII war - zum Beispiel mir – unerreichbar, diese Heiligkeit ist nicht jedem gegeben. Die Güte Benedikts XVI  war etwas, dem ich nacheifern konnte. Das war Christus, der sehr wohl weiß, was falsch und schief ist und wie es mit jemand steht und demjenigen dennoch begegnet als wäre es ein gleich-zu-gleich. Eine Zuwendung, die den, der sich treffen lässt, auf heilsame Weise beschämen kann, weil der eigene Egoismus, die eigene Rechthaberei plötzlich durch den Kontrast hervortreten und der Wunsch stark werden kann, diese Hässlichkeiten endlich loszulassen.
 Das war eine Güte, die so rein sie war, vielen nicht genehm war, weil sie nicht bereit waren, sich selbst in Frage zu stellen.

Was gleich war bei diesen beiden Manifestationen des Wesens Gottes ist, dass die Güte – weder die einfach mit Liebe umarmende Johannes XXIII noch die den eigenen Edelmut aus dem Schlaf rufende Benedikts XVI – in irgendeiner Weise auf Kosten anderer ging.  Die eine kritisierte gar nicht, die andere basierte auf Selbstkritik, beide gründeten in Demut.

Auch bei Papst Franziskus ist ein Bild der Güte zu sehen. Bei ihm ist es eher die flammende Leidenschaft für die Ärmsten, für Ausgegrenzte, für Leidende. Ein Herz das brennt, Not zu lindern und Ungerechtigkeiten zu beheben. Eine Sehnsucht bei denen zu sein, die leiden und dort das Leiden Christi zu sehen, das nach unserm Handeln ruft. Da ist ein Hirte, den die Not berührt, der sofort herbeieilen will, um zu helfen und bei dem es dann schon einmal vorkommt, dass bei der Rettung des einen Schäfchens in der Eile ein anderes Schäfchen einen Schubs bekommt, nachdem es dann auch rettungsbedürftig ist. Was dann natürlich auch geschieht, sobald die Situation erkannt ist. Ein Hirte, der wirklich will, das keins verloren geht.

Wie drückte es letzt jemand aus? „Ach die beiden andern, das sind  halt Heilige (auch wenn der eine noch lebt, wird ihm das irgendwie zugestanden), aber der Franziskus, der ist wie wir. Der gefällt mir besser.“ Wie wir. Ja, warum eigentlich schlagen die Wellen der Beliebtheit plötzlich in vorher ungeahnte Höhen?
Wenn man es wirklich bedenkt, P. Werenfried von Straten z.B. hat mehr mobilisiert für Arme aller Art. Wenn er gepredigt hat, hat es Herzen so getroffen, dass die Zuhörer bis an die eigene Schmerzgrenze gegeben haben und manchmal sogar darüber hinaus, weil sie erkannten, dass da – ein ihnen fremder – Bruder, eine Schwester, das Ebenbild Christi in Not ist. Hat Papst Franziskus bisher eine solche Welle der Hilfsbreitschaft in Gang gebracht? Es würde ihn ungeheuer freuen, gelänge ihm das. Aber nein.
Es wird viel geredet darüber, dass der oder jener mehr tun solle, um Armen zu helfen, aber natürlich nicht man selbst sondern „die Kirche“, „der Bischof XY“, „diese selbstherrlichen Pfarrer“ usw. 
„Die da“, nicht wir.

Woher kommt das?
Nicht weil Papst Franziskus da ein schlechtes Beispiel gäbe. Nein, er wird gerne als Beispiel angeführt, dass „die da“ es ihm mal nachtun sollten. „Die da“, nicht die Sprecher selbst.

Wo also sitzt der Wurm?
Der Wurm, der nichts mit Güte gemein hat und der eine Umkehr bei  sich selbst nicht will sondern bei den andern fordert. Der Wurm, der sich im eigenen Bessersein sonnt und auf andere herabschauen möchte. Der Wurm, bei dem lang kultivierte Rachegelüste und Zerstörungswille an die Oberfläche kriechen, weil sie glänzende moralische Deckmäntel gefunden haben.

Ich kann es nicht sicher sagen. Mir fällt nur auf, dass das Einschlupfloch für diesen selbstgefälligen Wurm, der die Früchte frisst, die den wahrhaft Armen und Leidenden zukommen sollten, das folgende sein könnte:
Die Güte, die Johannes XXIII praktizierte und Benedikt XVI noch praktiziert, diszipliniert sich selbst und verzichtet(e) auf Vorwürfe außer sie beziehen das Selbst ein. 
Die Güte von Papst Franziskus liefert immer Sündenböcke mit, auf die man dann Steine werfen zu dürfen glaubt. 
Das erfreut die gefallene Seele natürlich, sich gar nicht selbst disziplinieren zu müssen sondern mit andern abrechnen zu können, die ja ganz klar von komptetenter Seite benannt wurden.

Papst Franziskus sagt nicht: „Wir Priester verletzen oft durch unbedachte Worte.“ Er sagt: „Viele Priester machen das schlecht.“ Was der Wahrheit ja durchaus entspricht, nur allgemeiner Konsens ist dann: „Er macht es ja gut. Ja, wenn die es machten wie er. Denen sagen wir mal Bescheid.“
Papst Franziskus sagt nicht: „Wir Christen leben oft nicht die Freude des Glaubens.“ Er sagt, dass es da traurige Exemplare gebe, die das nicht tun, die sich da besinnen müssten. Und der Chorus tönt: „Seht ihr. Er ist ein gutes Beispiel. Aber ihr da, tut mal endlich was.“
Die Liste wäre lange fortsetzbar.

Und das heilt keine Wunden, es reißt neue auf, es spaltet tiefer. Es verbittert die Angeklagten, es erbittert die Ankläger. Statt Güte und Vergebung verbreitet sich eine Mentalität der Selbstgerechtigkeit, der Anklage, des Beschuldigens, des Hetzens und Steinigens der Sündenböcke.

Ich weiß nicht, ob ich den ablaufenden Mechanismus hier ganz erfassen konnte, und ich kann nur hoffen, dass Papst Franziskus gewahr wird, dass hier etwas seine genuinen und guten Absichten bei ihrer Präsentation und Vermittlung ständig auf Gleise umlenkt, die in völlig unerwünschte und ungute Richtungen führen.

Aber schön wäre es, wenn dieser Spuk endlich ein Ende fände.

1 Kommentar:

  1. Ihre "Sündenbock"-Theorie als Erklärung für die enorme Begeisterung für Papst Franziskus scheint mir einleuchtend.
    Von dieser Seite habe ich das Problem noch gar nicht betrachtet.
    Aber es stimmt schon, er greift sich häufig eine Gruppe heraus, die dann kritisiert wird.
    Auch mit seiner Ausdrucksweise habe ich so meine Probleme.
    Allerdings, man kann nicht von vornherein erwarten, dass Papst Franziskus über das gleiche feine Sprachgefühl verfügt wie sein Vorgänger, Papst Benedikt.
    In der Glaubensverkündigung bzw. Predigten den Begriff "Fledermäuse" für eine bestimmte Art von Gläubigen zu gebrauchen - das kann aber schon ziemlich verwirren.

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